Rackebrandt

Tradition und Transformation: Revitalisierung und Umnutzung einer Gaststätte

„Ein Stück Lindener Geschichte weniger“ titelte die Hannoversche Allgemeine Zeitung zum Auftakt des Bauvorhabens und setzte damit gleichsam den Maßstab für den respektvollen Umgang mit dem Bestand um dabei kreativ und perspektivisch ein neues Kapitel der Geschichte des Gebäudes aufzuschlagen.

Die Baumaßnahme in der Brauhofstraße in Hannover Linden umfasst zwei Gebäudeteile. Das gründerzeitliche Eckhaus, dass im Erdgeschoss den Eingang zur Gasstätte „Rackebrandt“ hatte und den eingeschossigen Anbau aus den 30er Jahren, der den Veranstaltungssaal und die sich tief in den Hof erstreckenden zwei Kegelbahnen beinhaltete.

Nachdem viele Anläufe einen neuen Pächter für die Räume zu finden zu keinem Ergebnis geführt hatten, wurden gemeinsam mit den Bauherr:innen verschiedene Umnutzungskonzepte erörtert. Am Ende der Überlegungen stand ein klares Konzept mit einer neuen internen Erschließung, dass die Umnutzung der gesamten Fläche zu Wohnen ermöglichte. Die Aufgabe, die die Bauherr:innen formulierten, war ausdrücklich bezahlbaren Wohnraum im Quartier zu schaffen.

Die aus dem Straßenraum unscheinbare Maßnahme entwickelt sich im Inneren und in den Block hinein und vereint gleich eine ganze Reihe aktueller Themen unseres Berufsstands: das Bauen – bzw. das Umbauen – im Bestand, die Umnutzung, die energetische Modernisierung und den Denkmalschutz.

Der erste Teil der Baumaßnahme war der Rückbau. Dieser sollte dem Leitbild „Don’t Waste“ folgen – also mit Augenmerk auf eine Vermeidung von wahlloser Entsorgung. Hierzu wurden große Teile der Einrichtung der Gaststätte für die weitere Benutzung an Vereine und Organisationen weitergeben. Im Zuge der Maßnahme wurden unter Teppichen verborgene Originalböden freigelegt und sind wieder aufbereitet worden. Weiterhin wurde der Re-use Gedanke bei der Kegelbahn beherzigt. Die Kugellaufflächen bestanden aus 7cm starken, verschraubten Buchenholz-Bohlen. Diese wurden aufgenommen, um im fertigen Gebäude die Treppenstufen der zweigeschossigen Wohnungen zu bekleiden.

Zur Erreichung des KfW Effizienzhausstandards Denkmal wurde der gründerzeitliche Bestand straßenseitig kaum verändert. Die erforderlichen Dämmmaßnahmen sind aus denkmalrechtlichen Gründen als Innendämmung ausgeführt. Um die Belichtung der Wohnungen zu verbessern, wurden lediglich im Bereich der ehemaligen Außenbeschilderung der Gasstätte neue Fenster eingesetzt. Hofseitig wurde die Energieeffizienz der Gebäudehülle mit einem Wärmedämmverbundsystem und neuen Fenstern auf ein hohes Niveau gebracht.

In den Räumen der Gaststätte sind auf den über 600qm Grundfläche 9 Wohnungen entstanden. Das Eckhaus beinhaltet zwei große Wohnungen deren Grundrisse sich stark an der Gebäudestruktur des Altbaus orientieren. Der ehemalige Saal wurde insgesamt zu einer Loft-Wohnung. Die Raumhöhe von 6m wurde über eine eingestellte Box mit einer oberen Ebene erfahrbar gemacht und der gesamte Raum so gegliedert.

Die besondere Herausforderung für die Grundrissgestaltung im Hinterhofgebäude war die Bauform des Bestandes. Als Kegelbahn ist diese sehr lang aber auch sehr schmal und im relativ engen Innenhof nur von einer Seite belichtet. Mit einem klarem Konzept und neuen internen Erschließungen wurden auf der Fläche der Kegelbahn vier Kleinstwohnungen geschaffen, die über ein eigenes Treppenhaus erschlossen werden.

Am Ende der Bauzeit ist hinter der Fassade der Gastwirtschaft mit einer lang zurückreichenden Tradition ein neues Wohngebäude für kommende Generationen entstanden.

BauherrPrivat
NutzungWohnungsbau
KategorieUmnutzung, energetische Modernisierung
Bausummerd. 1.100.000€ (KG 300-500)
FlächeBruttogrundfläche ca.650m²
Bauzeit2021 - 2022
Rackebrandt, Sanierung, Außenzimmer, Ökologisch, Innenhof
Sanierung, ökologisch, Architektur, Außenzimmer